20.000 Tonnen CO2 jährlich, sind soviel, wie etwa 10.000 Mittelklasse-PKWs ausstoßen. Diese Menge vermeidet das innovative Projekt „Industriewärme – ein Klimabündnis von Aurubis und enercity“. Es ist das größte seiner Art in Deutschland. Und es gibt Potenzial für mehr.
Die Grundidee ist simpel: Als Metallproduzent mit Sitz im Hamburger Hafengebiet gehört die Aurubis AG zu den energieintensiven Unternehmen. In diesen Industrien ist es inzwischen ein Standard, anfallende Prozesswärme an anderer Stelle im Werk zu nutzen und so den Energieverbrauch zu optimieren. Doch dieses Potenzial ist weitgehend ausgeschöpft.
Bei Aurubis kommt es im Bereich der Schwefelsäureproduktion – sie entsteht als Nebenprodukt bei der Kupferraffination – zu einer chemischen Reaktion, bei der Energie freigesetzt wird (exotherme Reaktion). Die entstehende Wärme ist praktisch CO2-frei. Das Temperaturniveau dieser Reaktion ist allerdings mit etwas über 100 Grad Celsius vergleichsweise niedrig, so dass sie nur begrenzt im eigenen Werk eingesetzt werden kann. Um dennoch diese Wärme nutzbar machen zu können, entstand bei Aurubis der Gedanke, außerhalb des Werksgeländes nach Möglichkeiten zu suchen – zum Beispiel bei der Wärmeversorgung von Gebäuden.
Mit der HafenCity entsteht nur wenige Kilometer entfernt vom Aurubis-Werksgelände ein gänzlich neuer Stadtteil. Markantester Punkt des Areals ist die Elbphilharmonie am westlichen Ende. Die Erschließung des ehemaligen Hafengebiets ist Europas größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsprojekt. Eines Tages – etwa 2030 – sollen dort 15.000 Menschen wohnen, mehr als 40.000 arbeiten und sich 80.000 Tagestouristen vergnügen.
Wärmeversorger des östlichen Teils der HafenCity ist enercity. Zusammen mit dem Energiedienstleistungsunternehmen baute Aurubis eine rund 3,7 km lange Fernwärmeleitung, die von der Anlage zur Schwefelsäureherstellung bis in die östliche HafenCity reicht. Auf dieser Strecke unterquert sie unter anderem zwei Kanäle und läuft unterhalb der Hamburger Elbbrücken entlang. Über diese Trasse fließt die Wärme in das Neubaugebiet und beheizt dort Räume und Trinkwasser in Büros, Wohnungen und Hotels sowie in der HafenCity Universität. Einen Teil der ausgekoppelten Wärme setzt Aurubis auch werksintern ein – insgesamt wird so jedes Jahr der Ausstoß von 20.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid vermieden.
Beim Bau der Fernwärmeleitung haben die Projektpartner darauf geachtet, dass sie das Dreifache der jetzigen Wärmemenge transportieren kann. Die Schwefelsäure-Anlage besteht aus insgesamt drei Produktionssträngen, zur Versorgung der östlichen HafenCity reicht jedoch ein Strang aus. Die Wärme aus den weiteren Strängen könnte in das Hamburger Fernwärmenetz fließen. Da hier die Wärme vorwiegend noch aus den Brennstoffen Kohle und Erdgas erzeugt wird, wäre es insgesamt möglich, sogar weitere 120.000 Tonnen CO2 jährlich zu vermeiden.
Zur Umsetzung des Projekts musste Aurubis den Schwefelsäureprozess wesentlich ändern. Lief dieser zuvor bei etwa 60 Grad Celsius ab, wird er nun bei einem Temperaturniveau von >110 °C durchgeführt – und das ohne den Einsatz von fossilen Energieträgern. Der positive Nebeneffekt: Rund 12 Mio. m3 Kühlwasser werden eingespart. Doch je heißer die Säure ist, desto aggressiver wird sie. Darum war es nötig, in der Anlage den Zwischenabsorber auszutauschen. Dieser rund 18 Meter hohe Kessel mit einem Außendurchmesser von 6 Metern und einem Gewicht von 200 Tonnen ist die neue „Heizung der HafenCity“, denn in ihm findet die chemische Reaktion statt. Um ihr unter den neuen Temperaturen gewappnet zu sein, ist er mit rund 50.000 speziellen, hitze- und säurebeständigen Keramiksteinen ausgemauert worden.