Redox-Flow-Batterien neu gedacht

Energiewende voranbringen, Umwelt schonen

Stationäre elektrische Energiespeicher sind eine der Schlüsseltechnologien für das Gelingen der Energiewende. Mit ihrer Hilfe lassen sich fluktuierende Energien wie Wind, Wasser oder Sonne zuverlässig in großem Maßstab in das Energiesystem integrieren. Vor allem Redox-Flow-Batterien eignen sich hervorragend für diesen Zweck. Dass sie bislang zu teuer für den Massenmarkt waren, haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT gemeinsam mit der Volterion GmbH & Co. KG geändert. Durch ein Re-Design des Stack – dem »Herzen« einer Redox-Flow-Batterie – konnten sie den Materialeinsatz und die Kosten massiv senken.

Umwelttechnische Vorteile von Redox-Flow-Batterien

Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien, die u. a. auf kritischen Materialien wie Kobalt basieren und durch ihren Aufbau systembedingt äußerst schwierig zu recyceln sind, bieten Redox-Flow-Batterien als stationäre Energiespeicher eine Reihe umweltrelevanter Vorteile:
• Bei ihrer Herstellung kommen keine kritischen Materialien zum Einsatz. Mensch, Tier und Umwelt werden geschont.
• Redox-Flow-Batteriespeicher arbeiten emissionsfrei und könnten sich weder im Schadensfall selbst entzünden noch ist der Speicher-Elektrolyt brennbar.
• Der flüssige Elektrolyt aus gelösten Vanadiumoxiden wird regelmäßig automatisch systemintern regeneriert und kann nach 20 und mehr Jahren stofflich sehr leicht und damit kostengünstig recycelt werden.
• Die Batterien sind äußerst langlebig und zyklenstabil. Ihre Kapazität nimmt auch nach tausenden Zyklen nicht merklich ab.

Neues Stackkonzept auf Basis einer Kunststoff-Bipolarplatte

Für die hohen Kosten der Batterien sind in erster Linie die Stacks, deren Materialien und Aufbau verantwortlich. So besteht ein Stack üblicherweise aus 160 gestapelten Komponenten (Bipolarplatte, Anode, Membran, Kathode, Gehäuse usw.), die mit einer Vielzahl von Schrauben und massiven Metallplatten zusammengehalten und mit zahlreichen Dichtungen abgedichtet werden. Das Forschungsteam hat den Aufbau von Redox-Flow-Batterien deshalb neu gedacht und auf Basis einer selbstentwickelten, verschweißbaren Kunststoff-Bipolarplatte ein automatisierbares vollverschweißtes Stackkonzept entwickelt.
Als Ausgangsstoffe für die Bipolarplatte wählten die Wissenschaftler*innen die üblichen Grafite und Ruße, gingen aber auf andere Art und Weise an den Herstellungsprozess heran: Pelletförmiger Kunststoff (Thermoplast) wird auf bis zu minus 80 Grad gekühlt, zu Pulver zermahlen und mit vier Teilen Kohlenstoff gemischt. Das entstehende Pulver wird auf ein System aus mehreren Walzen mit verschiedenen Temperaturen und Geschwindigkeiten gegeben. Zwischen den Walzen wird das Pulver bei moderaten Temperaturen und geringen Drücken kurz aufgeschmolzen, geknetet, zu einer »Endlos-Bahn« gewalzt und schließlich aufwickelt.
Das neue Material erhält dabei thermoplastische Eigenschaften. Es ist biegsam und trotz des geringen Kunststoffanteils von 20 Prozent verschweißbar. Der Stack kommt ohne eine einzige Dichtung aus, auch Schrauben sind überflüssig – die Zellen werden einfach miteinander verschweißt. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Redox-Flow-Batterien: Der entwickelte Stack ist bezogen auf die Materialkosten 40 Prozent günstiger, auch die Produktionskosten konnten deutlich gesenkt werden. Zudem wiegt er 80 Prozent weniger als ein herkömmlicher Stack und ist nur etwa halb so groß.

Produktion via Pulver-zu-Rolle-Verfahren

Der zweite entscheidende, weil kostensenkende Schritt war die Entwicklung eines kontinuierlichen Produktionsverfahrens: das Pulver-zu-Rolle-Verfahren, in dem sich die Bipolarplatten als »Endlos-Bahn« fertigen lassen. Auf diese Weise lassen sich – massenproduktionstauglich und materialsparend – sehr dünne Platten herstellen (zwischen 0,1 und 0,4 Millimetern). Es ist also deutlich weniger Material notwendig, was den Preis – zusätzlich zur Kostensenkung durch das neue Verfahren – weiter senkt sowie leichtere, kompaktere Stacks ermöglicht. All dies schafft ganz neue Möglichkeiten der Konstruktion, die von der Volterion GmbH & Co. KG bis zum vollständigen Stromspeichersystem umgesetzt werden.

Unternehmen:
Fraunhofer UMSICHT
Projekt:
Kostengünstige stationäre, skalierbare Redox-Flow-Batterien und deren Produktionsprozess
Hauptverantwortlich:
Christian Doetsch